Ausstellungen

4. Edition Eau&Gaz

Veranstalter: Eau&Gaz
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Anlässlich der vierten Edition der Residency möchten wir der Verstricktheit von Biographie und Anekdote, von Beglaubigtem und wild Erfundenem auf dem Grund gehen.

Die KünstlerInnen-Residency Eau&Gaz wurde 2014 ins Leben gerufen, um in Eppan-Appiano (Italien) einen Treffpunkt zu schaffen für Künstlerinnen und Künstler, Kunst- und Kulturinteressierte und all jene, die in diesem Kontext produktiv sind. Ziel war es, einen Ort zu schaffen, der im Gegensatz zum oft temporären Charakter von Ausstellungen Bestand hat. Dabei ist eine Plattform entstanden, die zur Erforschung gesellschaftlicher, politischer sowie ästhetischer Fragen und damit zu lebendigem Zusammenkommen und aktivem Austausch einlädt. Jährlich laden wir Künstlerinnen und Künstler sowie Autorinnen und Autoren ein, um in Eppan zu leben und zu arbeiten.
Anlässlich der vierten Edition der Residency möchten wir der Verstricktheit von Biographie und Anekdote, von Beglaubigtem und wild Erfundenem auf dem Grund gehen. Wie eine Spinne muss die konstruktive Kraft den Faden immer wieder aufnehmen und die Dinge zu einem Narrativ zusammenzufügen. Es ist ein Spiel zwischen Fakten und Fiktion, Fallstrick, Fälschung und Authentizität. Um Leerstellen zu füllen und Brüche zu kaschieren, haften wir Bedeutung an die Dinge, mit denen wir uns auskleiden und unsere Häuser ausstaffieren. Die von Objekten besiedelten Orte schaffen Wohnräume für fiktionalisierte Charaktere. In ihnen manifestieren sich Bewohner mit den Attributen ihrer Umgebung.
Aslı Çavuşoğlus Arbeiten untersuchen die Umstände, in denen kulturelle und historische Fakten von Individuen transformiert, repräsentiert und interpretiert werden. Aslı Çavuşoğlu übernimmt dabei die Rolle einer Dolmetscherin oder Moderatorin und wirft zugleich Fragen auf, wie Geschichte gelesen werden kann, wer diese schreibt und zu welchem Zweck. Sie sucht nach Brüchen und
Lücken in Erzählungen, die Raum bieten können für neue Interpretationen. Geschichten aus physischen Artefakten zu extrahieren
zeigt zugleich, dass die Konstruktion und Legitimation einer Wahrheit immer erst anhand von Expertisen an Gültigkeit gewinnt. Während der Erforschung materieller und narrativer Konstellationen tauchen immer wieder vergessene oder verloren geglaubte Objekte und dessen verschwiegene Geschichte auf.
Elif Erkans Skulpturen sind wie Behälter, die ihren Inhalt schützen, zusammenhalten und aufbewahren. Sie konservieren den performativen Akt ihrer Entstehung. Erinnerungen und Begehren werden darin zu einer erstarrten Masse verdichtet. Es sind die Dinge, die mit unseren Körpern eine physische Bindung eingehen, ihn optimieren, heilen oder schützen sollen, die in Erkans Arbeiten regelmäßig wiederkehren. In ihren neuen Arbeiten für Eau&Gaz steht im Mittelpunkt die Frage Does Work Love Me? (Werde ich von meiner Arbeit geliebt?). Mit Methoden, die der Wahrsagerei und Zahlenmystik entnommen sind, entstehen folkloristische Bilder aus Filz, die sich dieser Frage annehmen und Betrachtende dazu anregen, ihr Verhältnis zu Arbeit, Erfolg und Schicksalhaftigkeit zu prüfen.
Karin Ferraris künstlerische Forschung konzentriert sich auf die Narrative der Internet-Subkultur. Sie interessiert der (paranoide) Imaginationsraum als ein Symptom unserer Gegenwart und ihrer opaken Machtstrukturen. Versteckte Botschaften und Symbole, die sie genauso im Vorspann des österreichischen Nachrichtensenders ZIB oder in Popsongs wie den von Azealia Banks' Atlantis oder Katy Perry's Dark Horse findet, werden mit Off-Kommentaren der Künstlerin entschlüsselt. Sie bildet Verschwörungsvideos als Teil der YouTube-Kultur nach, indem sie ihrem Schema der Ästhetik und Sprache folgt. So wird auf eine weitere spekulative Deutungsebene verwiesen: Kunstwerk und Videos sind nicht mehr zu unterscheiden, künstlerische und "künstliche" Signifikanz verschwimmen. Ferraris Arbeit verbindet dabei aktuelle Themen der Medientheorie mit Popkultur, Okkultismus und Randwissenschaften.
Rosalyn D'Mello arbeitet als Kunstkritikerin für verschiedene indische Magazine. In ihrem Debütroman A Handbook For My Lover (2015), einer Art Briefroman, verfasste sie über Jahre hinweg eine Sammlung von Briefen, die an ihren namenlosen, doppelt so alten Liebhaber adressiert sind. In diesem sehr persönlichen Zugeständnis schreibt sie über sexuelles Verlangen, Masturbation und Dehnungsstreifen und bricht damit vorherrschende Tabus in Indien. Der im Katalog abgelichtete Prolog erzählt, wie sich die Autorin metaphorisch Stück für Stück auszieht und sich dem Leser in ihrer Verletzbarkeit nackt preisgibt. Aber mit jeder Schicht löst sie sich von den konformen Zwängen und findet zunehmend Gefallen an der Provokation.
Masatoshi Noguchis Installation suggeriert den Eindruck einer Herberge oder Wohnstätte. Ähnlich eines Schreins, der eine göttliche Kraft dazu einlädt, die Verehrungsstätte zu bewohnen, fungiert die Installation als Speicher. Erinnerungen und Sehnsüchte schreiben sich in den Objekten ein, deren glänzende, glatten Oberflächen jeden Makel von sich zu weisen scheinen. Auffallend ist das wiederkehrende Motiv des Zaunes, das in seiner Bedeutungsebene, zwischen abschirmen, filtern und schützen, ambig bleibt und das Dahinterliegende nur aus einer gewissen Distanz wahrnehmen lässt. Durchzogen von Elementen, die der typischen Architektur von Shintō-Toren entlehnt sind, markieren diese Schwellen ein symbolisches Hindurchgehen und Eintreten.
Helena Dietrich und Janneke Raaphorst - Elastic Habitat ist ein Tempel, ein Spielplatz, ein Laboratorium von austauschbaren Körpererfahrungen. Darin soll der imaginäre, unsichtbare und spekulative Körper erforscht werden: Eine Einladung, das gewöhnliche Habitat des eigenen physischen und virtuellen Körpers zu dehnen und zu überschreiten. Anhand individueller Sitzungen wurde der momentane physische, mentale und emotionale Zustand der Teilnehmenden aufgezeichnet und in textile, mobile Skulpturen übertragen. Für die Ausstellung in Eppan-Appiano haben die Künstlerinnen Helena Dietrich und Janneke Raaphorst ihre immersive Installation in eine interaktive Shop-Erfahrung umgewandelt. In diesem Showroom sind die Besucher eingeladen, die tragbaren Skulpturen oder Textil-Körper selbst auszuprobieren.
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redaktionell geprüft



Ausstellungs-Informationen


Durchführung

Kurator: Kathrin, Sarah Oberrauch
Künstler: Aslı Çavuşoğlus, Elif Erkan, Masatoshi Noguchi, Karin Ferrari, Helena Dietrich & Janneke Raaphorst,Rosalyn D’Mello


Vernissage

Begrüßung - Vernissage: Philipp Waldthaler
Einführung - Vernissage: Kathrin, Sarah Oberrauch